26.6.06

Einssein

Nähe spüren, Einssein... das gehört zu den wichtigsten Glückserfahrungen des Menschen. Und dann gibt es, gerade der Partnerin oder dem Partner gegenüber das ganz andere Extrem: Mich stört irgendeine Kleinigkeit, aus ist mit dem Einssein, die Wut schäumt, ach ich könnte...!
In seinem (sehr lesenswerten Buch über die Anwendung der Gewaltfreien Kommunikation) nutzt Thomas d'Ansembourg ein schönes Bild für die Einheit: Wir sind alle einzigartige, sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, vergleichbar mit unterschiedlichen Arten von Häusern oder Hütten. Gemeinsam ist allen: sie brauchen Zugang zum Grundwasser - wir alle haben die gleichen Grundgefühle, die auf die gleichen Grundbedürfnisse hinweisen. Wir alle haben das Bedürfnis nach Identität, nach emotionaler und materieller Sicherheit, nach Zugehörigkeit zu einer Gruppe, zur Familie, wir wünschen uns Nähe, Liebe, Freiheit, Bestätigung...
Was soll das nun helfen, wenn ich platzen könnte vor Wut, weil meinE PartnerIn mal wieder genau das tut, was mich in Rage bringt?
Das Bild könnte eine Hilfe sein, erst mal "zu meinen eigenen Quellen" hinabzusteigen. Zu verstehen, was es eigentlich ist, was mich so wütend macht. Meist ist es ja nicht wirklich der nichtige Anlass, der ist nur der Auslöser. Zu spüren, welches Bedürfnis in mir will da gesehen werden?
Wenn der Partner etwa die Socken immer noch fallen lässt, obwohl schon oft anders besprochen... Welches Bedürfnis meldet sich da hinter meiner Wut und Empörung? Anstatt die Stimme zu erheben und ausfallend zu werden (schon oft probiert, hat noch nie geholfen - mehr desselben wird wahrscheinlich keine Änderung bewirken!!)... ja, was tun?
Wenn die Wut etwas verraucht ist, kann ich vielleicht formulieren, was mein ungesehenes Bedürfnis ist: "Weißt du, ich verwende einiges an Zeit, um unseren Haushalt sauber und ordentlich zu halten. Für mich ist eine gewisse Ordnung wichtig, um mich wohl zu fühlen und zu entspannen. Wenn du deine Socken einfach fallen lässt, anstatt sie in den Wäschekorb 2m daneben zu werfen, bekomme ich das Gefühl, Ordnung in unseren Haushalt zu bringen wird zur Sisyphusarbeit!"
Und, wenn ich mich an die Verbindung zum anderen erinnere (er hat dieselben Grundbedürfnisse wie ich), dann kann ich vielleicht auch für seine Antwort darauf mehr Verständnis aufbringen: "Oh, es tut mir leid! Weißt du, ich war irgendwie so gedankenabwesend nach diesem anstrengenden Tag! Ich verstehe dich!!
Das Bild mit der Verbindung der Häuser zu demselben Grundwasser kann mir helfen, wenn ich genervt bin, innezuhalten und in mir selbst Ähnlichkeiten mit dem Menschen, der bei mir Ärger oder Wut auslöst, zu spüren. Um dann wirklich in ein konstruktives Gespräch zu kommen, in dem wir wirklich gemeinsame Lösungen finden, die lebbar sind. Anstatt sich gegenseitig zu beschuldigen, zu erziehen und zu verletzen!

Weitere empfehlenswerte, sehr praxisnahe Bücher zum Thema Gewaltfreie Kommunikation:

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